Projektsteckbriefe
Klimaschutz konkret vor Ort
Ob Sanierung, Mobilität oder Beteiligung: In Hofheim entstehen viele Projekte, die den Weg in eine nachhaltige Zukunft ebnen. Die Projektsteckbriefe geben einen kompakten Überblick über laufende und abgeschlossene Vorhaben: mit Zielen, Maßnahmen und Ergebnissen auf einen Blick.
Erfahren Sie, was bereits umgesetzt wurde.
Solaranlage für die Stadtbücherei Hofheim
Kommunale Einrichtungen ziehen mit!
Im Vorbeilaufen sehen Sie es nicht, aber auf dem Neubau der Stadtbücherei Hofheim befindet sich die neueste Ergänzung zu den Hofheimer Bürgersolaranlagen – eine Photovoltaikanlage mit einer Anlagenleistung von 47 kWp und prognostiziertem Ertrag von 44.000 kWh/Jahr. Mit dem selbsterzeugten Strom werden Aufzüge, Allgemeinstrom, Wärmepumpen zur Heizung, Kühlung und Warmwasserversorgung betrieben. Die anderen Dachflächen der Bücherei und des Kleinen Hauses leisten mit ihrer blütenreichen Umgebung dagegen einen erheblichen Beitrag zur Biodiversität und kommen Bienen und Insekten zugute. Zudem können gerade bei Starkregen große Mengen Niederschlagswasser zwischengespeichert werden. Bauherr ist die Hofheimer Wohnungsbau GmbH und der Bau der Anlage erfolgte durch SolarInvest Main-Taunus e.V.
Photovoltaik in einer kleinen Wohneigentümergemeinschaft
Ein Praxisbericht von Dr. Jörg Boysen, Miteigentümer in einer WEG und einer der Koordinatoren der Hofheimer Lokalen Agenda
Während Eigenheimbesitzer sich relativ einfach für eine PV-Anlage entscheiden können, vorausgesetzt die baulichen und finanziellen Voraussetzungen sind gegeben, stellt sich die Situation für kleine Wohneigentümergemeinschaften (WEG) komplizierter dar. Doch mit etwas Kreativität gibt es auch hier eine Lösung. Der WEG von Herrn Boysen, mit drei Wohnungen und zwei Eigentümern, ist genau das gelungen. Seit April 2023 liefert die gemeinsame PV-Anlage kostenlosen Solarstrom für alle Parteien inklusive eines Mieters. Wie sieht nun die Lösung aus?
Jörg Boysen: „Der Prozess war herausfordernd, weil ich mir alles durch Recherchen zusammensuchen musste. Zwar haben wir gute bauliche Voraussetzungen, aber generell müssen sich ja alle Eigentümer einer WEG vorab zur gemeinsamen Investition, zum Betrieb und zur gerechten Verteilung des Solarstroms einigen. Diese Entscheidungshürden sind wohl auch der Grund, warum es bei Fachfirmen anscheinend eine Skepsis gegenüber einer WEG als Kunden gibt. Ich musste einem mir empfohlenen Installateur und Planer gut zureden, dass er uns als Kunden unterstützte.
In unserem Haus wird die Heizung und Warmwassererzeugung mit einer Luftwärmepumpe betrieben, die beim Bau des Hauses in 2010 installiert worden war. Der Stromverbrauch ergibt sich also durch die Verbräuche in den einzelnen Wohnungen, dem Allgemeinstrom und der zentralen Luftwärmepumpe. Beim Installationsangebot war es wichtig, dass wir eine Wirtschaftlichkeitsrechnung, auf der Grundlage der IST-Verbräuche und mit plausiblen Annahmen zu Strompreisen, haben erstellen lassen. In unserem konkreten Falle ergab die Berechnung, dass inklusive des Einbaus eines Stromspeichers mit Netztrennung, was uns auch bei einem Blackout kurzfristig autark macht, eine Wirtschaftlichkeit nach 15 Jahren erreicht wird.
Das Installationsangebot und die Wirtschaftlichkeitsberechnung waren dann die Grundlagen für einen Beschluss der WEG, in dem u.a. (i) die Verteilung der Investitionskosten und die Berechnung der Stromabnahmen festgelegt wurden, (ii) die Parteien sich auf einen einzigen Stromversorger, der auch einen Sondertarif für Wärmepumpen hat, einigten und (iii) ich bevollmächtigt wurde, alle vertraglichen Angelegenheiten vorzunehmen. Solch ein Beschluss ist unabdingbar, es werden ja Verträge geschlossen und Investitionskosten fallen an.
Die Stromabrechnung für die einzelnen Parteien ist nun eine Mischkalkulation, da die Abnahme des Solarstroms und des Netzstroms, wenn kein Solarstrom verfügbar ist, im Hausnetz nicht voneinander zu trennen sind. Um das wirtschaftliche Potenzial der Anlage auszuschöpfen, appellieren wir also an alle Bewohner, soweit möglich Strom zu den Zeiten zu nutzen, in denen er produziert wird bzw. gespeichert ist – vor allem beim Gebrauch der Geschirrspülmaschine, der Waschmaschine und beim Herd. Wallboxen für die Tiefgarage haben wir noch nicht eingeplant. Das lässt sich später ergänzen, wobei man die Spielregeln für die Stromabrechnung darauf nachjustieren muss.
Ein weiteres kniffliges Problem sind Mieter, denn sie haben grundsätzlich keine Verpflichtung, sich der Solarstromabnahme anzuschließen. Die Installation einer Photovoltaikanlage ist aber in der Regel eine Modernisierungsmaßnahme, die auf die Miete umgelegt werden kann. Aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung konnten wir ableiten, dass die Mieterhöhung durch reduzierte Stromkosten für die Wohnung und reduzierte Nebenkosten für Warmwasser und Heizung ausgeglichen wird. So war unser Mieter damit einverstanden, den Strom aus der Anlage zu beziehen.
Und dann gab es noch eine Herausforderung bei der rechtlichen Stellung der WEG. Die war zunächst unklar. Uns wurde sowohl von Fachanwalt als auch Steuerberater gesagt, wir müssten eine von der WEG losgelöste GbR der Miteigentümer gründen. Doch nach eigenen Recherchen fand ich ein Urteil des Bundesfinanzministeriums, nach dem WEGs, die Strom primär für den Eigenbedarf produzieren und den Rest ans Netz abgeben, keiner anderen Rechtsform bedürfen. Doch da war immer noch das Problem, dass der Netzbetreiber eine eigene Steuernummer forderte, die die WEG vorher nicht brauchte. Auch das ließ sich lösen – mit einem speziellen Formular vom Finanzamt.
Ich könnte noch so einiges zur technischen Lösung erzählen, aber mit diesem Beitrag möchte ich speziell anderen kleinen WEGs Mut machen, es selbst zu probieren.
Private PV-Anlage – Stadtverordnetenvorsteher Andreas Hegeler im Interview
„Mittlerweile sind wir derart positiv überrascht über die Effizienz der Anlage, dass wir an einen zweiten Speicher denken.“
Unser Stadtverordnetenvorsteher Andreas Hegeler geht auch privat mit Solarenergie voran. Er teilt Erfahrungen und wertvolle Tipps im Interview mit Birgit Georgi, freiberufliche Beraterin im Auftrag der Klimakampagne.
B. Georgi: Herr Hegeler, wir hörten, Sie haben kürzlich eine private Photovoltaik (PV)-Anlage auf Ihrem Eigenheim errichtet. Was war denn Ihre Motivation, die Anlage zu installieren? Wie kam es dazu und welche Erwartungen hatten Sie?
A. Hegeler: Unser Entschluss zum Einbau einer PV-Anlage wurde im vergangenen Jahr letztlich durch den Ukraine-Krieg beschleunigt. Als die Energieprobleme, insbesondere die Gas-Lieferprobleme, größer wurden, haben wir uns im Frühsommer für eine PV-Anlage entschieden. Im Dezember 2022 konnte dann die Anlage angeschlossen werden. Allerdings dauerte es noch weitere 3 Monate bis der Netzbetreiber diese dann auch „abgenommen“ hat.
B. Georgi: Können Sie uns Ihre Anlage kurz beschreiben?
A. Hegeler: Unsere Anlage ist nach drei Himmelsrichtungen ausgerichtet. Durch die Aufstockung unseres Bungalows haben wir glücklicherweise ein Satteldach mit einem Winkel von 42 Grad Neigung nach Süden dazugewonnen. Zudem konnten wir das Flachdach unseres Wohnzimmers für eine Ost-West-Ausrichtung mit 15 Grad Neigung nutzen. Insgesamt konnten wir 34 Module mit einer Gesamtleistung von 13,6 KWp installieren. Ein Speicher von 11 KWh ergänzt die Anlage und liefert Strom über Nacht.
Vor der Errichtung der PV-Anlage hieß es jedoch erstmal Energie einsparen, um möglichst effizient zu werden. Unser Haus aus den 1960er Jahren war bereits in die Jahre gekommen, doch durch umfangreiche Renovierungs- und Isolierungsarbeiten konnten wir den Energieverbrauch erheblich senken.
Als nächste persönliche Schritte zur Energiewende planen wir den Einbau einer Wallbox (E-Ladesstation) sowie einer Wärmepumpe an, sobald diese wieder zu vernünftigen Preisen verfügbar sind. Ein E-Bike haben wir bereits erworben.
B. Georgi: Wenn Sie auf das vergangene Jahr zurückschauen, haben sich ihre Erwartungen erfüllt?
A. Hegeler: Seit der Inbetriebnahme schauen wir täglich auf unsere App und freuen uns über den selbstproduzierten Strom. Es ist wirklich erstaunlich, dass selbst bei Regen oder bewölktem Himmel die Anlage noch Strom liefert. Mittlerweile sind wir derart positiv überrascht über die Effizienz der Anlage, dass wir an einen zweiten Speicher denken. Wir möchten so viel wie möglich selbst von unserem Solarstrom nutzen, denn für den Verkauf erhalten wir ja nur 8 Cent pro kWh, während unser aktueller Stromtarif bei 40 Cent liegt. Hier sehe ich persönlich auch dringenden Nachholbedarf auf der Bundesebene, denn warum ist unser nachhaltig und emissionsfrei produzierter Strom so viel weniger wert als der herkömmlich gelieferte Strom?
Spannend ist auch die Erfahrung, dass sich unser „Verhalten“ geändert hat. Gewaschen und getrocknet wird jetzt nur noch tagsüber, damit der Speicher die Nacht durchhält. Das war zwar eine Umstellung, aber mit Blick auf die Ersparnis sehr schnell umsetzbar.B. Georgi: Wie sind sie die Sache seinerzeit angegangen? Haben Sie sich bei der Planung beraten lassen?
A. Hegeler: Wir waren zu Beginn des Projektes absolute Laien, was PV angeht. Leider haben wir keine rechte Beratung finden können, die uns weitergeholfen hätte. Die Energie-Infotage der Hofheimer Klimakampagne, wie sie kürzlich erst wieder stattfanden, gab es ja noch nicht, als wir unsere Anlage planten. Einzig der Geschäftsführer eines kontaktierten Hofheimer Unternehmens war klar und verständlich in seinen Ausführungen und präzise in dem, was wir brauchen und betreiben können.
Gerade diese spezifische Beratung am Objekt war für uns ein Grund, eine Fachfirma aus der Region zu wählen, die nicht nur aus der Ferne über das Internet agiert. So haben wir mit dem von uns gewählten Hofheimer Unternehmen einen perfekten, zuverlässigen und kompetenten Partner gefunden, mit dem wir alle unsere Fragen klären konnten und uns gut aufgehoben fühlten.
B. Georgi: Und wie verlief dann die Installation?
A. Hegeler: Alles verlief reibungslos. Beim Einbau der Anlage ließ die Firma große Sorgfalt walten. Es wurde nicht ein einziger Dachziegel beschädigt oder sonst etwas am Haus in Mitleidenschaft gezogen. Die Ausführung war sehr professionell. Die Verlegung der Kabel im Keller erfolgte mit der Wasserwaage. Das kennt man heute kaum noch. Zudem hat das Unternehmen sämtliche Formalitäten, wie die notwendigen Anmeldungen und Genehmigungen, für uns übernommen und uns letztlich auch bei der Inbetriebnahme begleitet.
B. Georgi: Konnten Sie für den Bau der Anlage eine Förderung nutzen?
A. Hegeler: Eine gute Frage. Es gibt seit 2023 keine Förderung mehr. Zumindest ist uns keine bekannt. Jedoch wird bei der Inbetriebnahme ab dem Jahr 2023 auf die Umsatzsteuer verzichtet. Das ist ein wesentlicher Beitrag zur Kostenreduktion – immerhin 19%.
B. Georgi: Was würden Sie anderen Hausbesitzern anraten, die planen eine PV-Anlage zu errichten?
A. Hegeler: Auf jeden Fall würden wir raten, sich ein paar Angebote örtlicher Unternehmen machen zu lassen und nicht auf scheinbar günstige Internetfirmen vertrauen, die die Standortgegebenheiten nicht kennen. Im Vorfeld sollte geklärt werden, welche Größe die Anlage haben soll bzw. welcher Bedarf tatsächlich besteht. Wie gesagt, der Verkauf von Strom lohnt sich für uns Privatleute nicht, wohl aber der Eigenverbrauch.
B. Georgi: Herr Hegeler, vielen Dank, dass Sie diese inspirierenden Einsichten und hilfreichen Hinweise für andere Interessierte mit uns geteilt haben.